Ein Spaziergang durch Wien


Hedda Hoyer, „Pfarrschäfchen“ und Mitarbeiterin in St.Elisabeth, gehört sicher schon zur „Risikogruppe“, lässt sich aber keineswegs unterkriegen und schildert uns einen Spaziergang durch das menschenleere Wien mit dem ihr eigenen Humor.

Gestern wollte ich es genau wissen! Wissen, wie die Welt da draußen wirklich ausschaut. Im Kampfanzug (Mantel, Handschuhen, Schal) zog ich los. Zuerst enttäuschte ich den Fahrer des Autobus 13 A, der – verzweifelt auf der Suche nach Fahrgästen – erwartungsvoll auf mich blickte und dann in einsamer Pracht wegfuhr. Isolierter als derzeit im 13A kann man gar nicht sein.
Wie viele Menschen habe ich wohl auf meinem Spaziergang getroffen?
In der menschenleeren „Kulturpassage“ keinen. Auf dem Karajanplatz staunte auch nur eine Taube über die Leere, vermisste aber die vielen Bröseln.
In der Kärntnerstraße blühten die Magnolienbäume unbeirrt.
Gähnende Leere herrschte am Stephansplatz. Auch der Graben war verlassen. Die Pestsäule grüßte! Vielleicht sollten wir eine Coronasäule bauen!
Ein paar kurze und längere Gespräche mit Passanten, die – so wie ich die Ruhe genossen, dann eine Rast in der Sonne auf einer Bank in einsamer Pracht unter einer Magnolie. Das Polizeiauto fuhr vorbei und blieb stehen. Aus dem Fenster ertönte ein: „Sehr gut so! Bleiben Sie gesund.“ Und das wünschte ich den beiden Insassen auch.
Dann ging es wieder durch die menschenleere Passage hin zur Karlskirche.
Im Resselpark ist der Frühling auch angekommen. Es war alles ruhig. Plötzlich ertönte aus dem Lautsprecher eines Polizeiautos die Aufforderung, den Park zu verlassen. Und die Aktivitäten der Polizei erregten dann doch mein Interesse. Vor der Karlskirche (der Platz davor ist als „Karlplatz“ deklariert und nicht als Resselpark) begann sie mit Amtshandlungen und vertrieb ein junges Paar, dessen zwei kleinen Kindern das Herumlaufen genossen. Warum? Ich setzte mich auf die Steinbank und beobachte irritiert die Szene. Dann geriet ich ins Visier der Polizisten im Auto. Man forderte mich auf, den Park zu verlassen. „Wo ist da ein Park? Hier steht Karlsplatz. In der Kärntnerstraße durfte ich auch in der Sonne sitzen.“ „Dann müssen Sie in die Kärntnerstraße gehen.“ Mit Polizisten streitet man nicht, daher stand ich auf. „Schade, es ist so schön hier.“  „Na ja, STEHEN können’s ja da.“ Ruhig Hedda, die Polizei leistet derzeit wirklich viel, daher wollen wir dieser Logik nicht weiter nachgehen. Und so ging ich die Argentinierstraße hinauf und kam zufrieden nach Hause.

Bleibt gesund.
Liebe Grüße
Hedda

(Text und Fotos: Hedda Hoyer)