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Flüchtlingselend auf Lesbos

Flüchtlingselend auf Lesbos

PLAKAT HIER: Aus unserer Pfarre ist Michael Nebehay (Gemeindeausschuss-Mitglied St. Thekla und pensionierter Arzt) derzeit als Arzt bei den Flüchtlingen auf Lesbos im Einsatz. Er schreibt: „Das Elend, das ich hier erlebe, ist so unsagbar groß und übertrifft bei Weitem, was man sich vorstellen kann. Ich bin so erschüttert über das, was hier alles fehlt (z.B. auch dringend benötigte Medikamente), dass ich eine Spendenaktion in unserer Pfarre anregen möchte. Es fehlt an allem!“

Bitte lest auch Michaels Bericht unten bzw. HIER!

Wieder ein Moment, wo wir als Christ/inn/en ganz unmittelbar gefragt sind – verstärkt durch diesen Bezug mitten aus unserer Pfarre. Bitte helfen wir mit, dass die Auferstehung nicht nur fromm gefeiert, sondern erlebbare Wirklichkeit wird!

Spenden-Aktion am So, 25. 4. 2021 im Umfeld unserer Gottesdienste zur Beschaffung von Medikamenten.

… oder auf unsere Caritas-Konto: IBAN AT18 2011 1000 0252 5526 („Pfarre zur Frohen Botschaft, Caritas“), Verwendungszweck „Lesbos“

Es geht auch eine Direkt-Überweisung: Spenden an Georgios Pallis, IBAN: GR80 0171 3550 0063 5504 0032 597 (beachte: der griechische IBAN hat zum Schluss tatsächlich nur 3 Ziffern), Verwendungszweck: Medicine for MVI; Bank: Piraios Bank (Swiftcode vermutlich PIRBGRAA XXX)

Michael Nebehay berichtet:

„Im Jänner hat mir ein befreundeter Kollege einen Bericht einer Hilfsorganisation über die Zustände im Flüchtlingslager auf Lesbos weitergeleitet. Ich war so erschüttert, dass ich mich sofort gemeldet habe. Die zweite Impfung und das Osterfest wollte ich noch abwarten.

Nun bin ich schon 2 Wochen vor Ort. Es macht einen großen Unterschied, ob man die Bilder im Fernsehen sieht, oder ob man das Elend vor Augen hat.

Was mich antreibt, ist der Wunsch ein Zeichen zu setzen gegen die globalisierte Gleichgültigkeit, von der unser lieber Papst Franziskus spricht.

Was können diese armen Menschen dafür, dass die internationale Politik versagt ? Sie fliehen vor Terror und riskieren auf lebensgefährlichen Überfahrten ihr Leben, um dann unter unmenschlichen Bedingungen hier als Geiseln missbraucht zu werden. Die Begründung, sie sollten eine Abschreckung darstellen für weitere Flüchtlingsströme, finde ich niederträchtig und menschenverachtend ! Wenigstens 100 Kindern in Österreich Asyl zu gewähren, wäre ein kleines Zeichen einer humanitär gesinnten Regierung.

Als Arzt in diesem totalen Chaos, nur völlig unzureichend helfen zu können, erzeugt in mir ein tiefes Gefühl der Ohnmacht. Ich geniere mich aber, angesichts des unsagbaren Leids, mich über meine Befindlichkeit zu beklagen. Ich kann nur sagen, dass ich einige schlaflose Nächte verbrachte und mir der Appetit völlig abhanden gekommen ist.

Da ich weiß, dass ich ohne Jesus nichts, mit ihm aber alles vollbringen kann, bin ich sehr zuversichtlich, meinen Einsatz hier segensreich beenden zu können.

Nach einer Woche in Quarantäne, war ich zum ersten Mal im Lager Karatepe, das nach dem Brand in Moria auf dem Gelände einer ehemaligen Kaserne errichtet wurde.

Es ist mit Worten kaum zu beschreiben, was mich da erwartet hat. Ein Meer von Zelten und Elend. Unvorstellbar unter welchen Bedingungen diese Ärmsten der Armen ihr Leben fristen müssen. Manche schon seit Jahren, mit immer geringerer Hoffnung, doch noch einen positiven Asylbescheid zu bekommen. Sie schlafen auf engstem Raum in Zelten auf Paletten und Decken. Kein Wunder, dass praktisch jeder, der die Ambulanz aufsucht, an Rückenschmerzen leidet. Das Gelände ist mit Stacheldraht umgeben und wird vom Militär bewacht.

In einem Container mit einer Grundfläche von 20 m2 sind 2 “Ordinationen”, getrennt durch Vorhänge und die Apotheke untergebracht. Die Toilette für das medizinische Personal ist in einem Zustand, dass man sie kein zweites Mal betreten möchte. Wie müssen erst die Toiletten für die Insassen aussehen ?

Eine reizende Kollegin aus Irland hat mich eingeführt. Die Patienten werden durch ein Triagesystem, das mit Nummern und kleinen Zetteln funktioniert, für die entsprechenden Ambulanzen zugeteilt und warten im Freien, aufgerufen zu werden.

Jedes einzelne Schicksal ist erschütternd! Die meisten Probleme sind verständlicherweise psychosomatischer Natur. Kopfschmerzen und Magenschmerzen hat praktisch jeder. Hinzu kommen die Folgen von Schusswunden , Vergewaltigungen, auch bei Männern und stressbedingte psychische Störungen. Heute, zum Beispiel, wird plötzlich eine Frau aus Somalia als Notfall angekündigt, die keine Luft bekommt. Als ich sie sehe, denke ich an einen akuten, lebensbedrohlichen Asthmaanfall und als ich mich schon mit dem Notarzt Koffer in Bewegung setze, stellt sich heraus, dass es sich um eine Panikattacke handelt. Kaum ist die ärgste Aufregung vorbei, wird ein junger Afghane vorgelassen, der sich vor Schmerzen krümmt. Mein Befund einer akuten Blinddarm Entzündung wird von der irischen Kollegin bestätigt. Anruf eines Taxis für eine sofortige Überstellung ins Krankenhaus. Aber so einfach geht das nicht. Die Einweisung muss durch die Ärztin, der auch hier stationierten griechischen Hilfsorganisation erfolgen. Diese muss sich selber ein Bild von dem Patienten machen und ein Einweisungsformular auf griechisch mit dem offiziellen Stempel ausfüllen. Wir beschließen, ihn mit dem Taxi zu begleiten. Endlich dort angekommen, werden wir zunächst fehlgeleitet und müssen dann eine halbe Stunde vor der Türe der Notfallaufnahme warten, wo dauernd Ärzte und Pfleger aus und eingehen, bis endlich jemand von unserem armen Patienten überhaupt Notiz nimmt und wir ihn seinem Schicksal überlassen. Dass ein Asylant mit einer zweitrangigen Behandlung rechnen muss, wird einem hier schmerzlich bewusst.

Verständlicherweise stehen ALLE unter permanentem Stress. Erstaunlicherweise scheinen manche wenige ganz gut damit zurecht zu kommen. Heute sah ich sogar eine Frau, die sich wünscht schwanger zu werden !

Ansonsten sind alle Patienten, die ich in den letzten 3 Tagen gesehen habe, mehr oder weniger verzweifelt.

Da ist der 16 jährige Bub, der alleine aus Somalia geflüchtet ist und dem die Behörden das Alter nicht glauben wollen, damit er nicht als unbegleiteter Minderjähriger gilt.

Der in Kamerun verfolgte Mann, dessen Blutdruck entgleist ist, als er hier erfahren hat, dass sein Vater gestorben ist. Wieder ein anderer, der in seiner Heimat gefoltert wurde und dann völlig unschuldig 5 Jahre in einem türkischen Gefängnis verbringen musste.

Eine junge Mutter aus Afghanistan mit typischen Symptomen einer Depression. Schlafstörungen‚ Angstzuständen, Appetitlosigkeit seit 3 Monaten, ohne bisherige Therapie.

Eine andere junge Frau, die allerdings um 20 Jahre älter aussieht, deren Asylantrag schon 2Mal abgelehnt wurde und seit 2 Wochen verstopft ist. Ihr Bauch ist aufgetrieben, wie bei einer Schwangeren im 6. Monat.

Ein junger Mann aus Angola, der endlose physische und psychische Folter durchgemacht hat, inklusive mehrmaliger Vergewaltigungen, nur weil sein Vater Regimekritik geübt hat. Dabei erlitt er einen Unterschenkel- und einen Kieferbruch. Er lebt in einem riesigen Zelt, nur mit Männern zusammen, von denen keiner seine Sprache spricht und die ihn obendrein wegen seines geringen Körpergewichts mobben. Er sagt selber, dass er sich wie Abfall fühlt.

Wenn ich den Menschen hier als Arzt, mit den sehr beschränkten Möglichkeiten, nur sehr wenig helfen kann‚ so möchte ich mich bemühen, jedem ein wenig das Gefühl zu geben‚ dass er kein Abfall ist.“

Die mit dem internationalen UNHCR-Nansen-Preis ausgezeichnete Menschenrechts-Aktivistin Efi Latsoudi zum Abschluss ihres Besuches in Kara Tepe auf die Frage, wie sie die Zustände im neuen Lager bezeichnen würde – knapp und deutlich: „Es ist Folter!“

Pop-up-Oster-Gottesdienste: Die Osterbotschaft hinaus getragen!

Corona und Lockdowns bringen auf neue Ideen…

In Wien sind eigene „Speisenweihen“ unüblich – aber ein guter und für viele vertrauert Ansatzpunkt, „draußen“ Gottesdienste anzubieten – 8 davon gab es am Karsamstag auf gut belebten Plätzen im Gebiet unserer Pfarre, die verschiedene Frauen und Männer unserer Pfarre leiteten.

Es gab ein langsames Ankommen, Osterevangelium, Gebet, Segnung der Speisen, teilweise auch Musik, verschiedene Kreativ-Ideen etc.  – es galt, die Botschaft dieses Festes ganz besonders auch für jene aufzubereiten, die (aus Corona- oder Gründen innerer Distanz) zur Kirche kommen.

2021_04_03_Pop-up-Oster-Gottesdienste

Der Besuch war kräftig: Zwischen 8 und ca. 40 Personen waren jeweils mit dabei… – Der Herr ist auferstanden, halleluja!

Fotos: Regina Tischberger, Ute Schellner, Vroni Kotzab, Inge Maringer 

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Offenes Ohr am Karlsplatz

nächste Karlsplatz-Initiative der Pfarre zur Frohen Botschaft:

„Wir hören dir zu!“:

Seelsorger/innen verlegen Kirchenbänke für Gespräche auf den Karlsplatz

Kirchenbänke wurden hinausgetragen, 11 Seelsorgerinnen und Seelsorger, darunter 2 Priester saßen auf 3 Stationen bereit: Kirche wieder ganz nahe bei und unter den Menschen – Do, 25. 3. 2021, 9-20:30 Uhr am Karlsplatz!

„Über 60 Gespräche wurden geführt“, erzählt Initiator Christian Kneisz, Pastoralassistent der Pfarre zur Frohen Botschaft; „es ging um Gott und die Welt.“

Unter dem Motto „Wir hören dir zu!“ war dies die schon 5 Aktion der Pfarre bei der dafür aufgerichteten „Mauer der Hoffnung“ vor den Toren der Karlskirche – deutlich sollte spürbar werden, dass Kirche neu auf die Menschen zugeht. „Viele betonten extra, wie angetan sie von dieser Aktion wären“, erzählt Christian. „Schön war, dass viele Gespräche auch recht tief gingen – selbst nicht wenige Beichtgespräche waren darunter!“

„Alleine schon Präsenz und Bereitschaft zeigten Wirkung“, so Kneisz weiter. „Am Nachmittag gab es viel jugendliches Leben, besonders auf den Stiegen der Karlskirche. Von ‚cool‘ über ein bewunderndes ‚crazy‘ bis hin zu zustimmenden Gesprächen, waren deren Reaktion; einer Seelsorgerin wurde sogar ‚etwas zum Rauchen‘ angeboten“  so der Initiator lächelnd.

Etwa 25 Gespräche waren eindeutig seelsorglich, oft sehr tief und persönlich, halbe Lebensgeschichten wurden offenbart, es ging um Glauben, das Verhältnis zur Kirche, manche schütteten einfach ihr Herz aus und es gab 7 Beichten.

„Insgesamt eine sehr gelungene Aktion unserer Pfarre!“ äußert sich Pfarrer Gerald Gump angetan. „Es wurden auch einige Medien aufmerksam; so wurde fotografiert, gefilmt und einige Interviews gegeben. Vor allem aber haben viele gemerkt: Wir sind für euch da!“

Einige Medienberichte: ORF-Homepage HIER

            Radio Wien HIER – ab 7:21 Uhr

            Heute HIER

Die nächsten Aktivitäten an der „Mauer der Hoffnung“:

Die wieder für Grün-Do, 1. 4. 2021 geplante Schuhputzaktion: „Jesus hat seinen Aposteln die Füße gewaschen – wir putzen Euch die Schuhe!“ muss lockdownbedingt heuer entfallen.

Kar-Fr, 2. 4. 2021, 17 Uhr: Karfreitagsliturgie an der Mauer: „Das Weizenkorn muss sterben“

Kar-Sa, 3. 4. 2021, 15 + 16 Uhr: Pop-up-Ostergottesdienst mit Speisensegnung: Kurze Wort-Gottes-Feier mit Segnung mitgebrachter Lebensmittel.

Bisherige Initiativen ebd.:

Aktion „Weiße Bänder am Karlsplatz“ (Do, 25. 2. 2021) – siehe HIER

Aktion „Eine Hoffnungsmauer voller Licht“ (Do, 4. 3. 2021) – siehe HIER

Aktion „Schöpfungsverantwortung – mitten im Getümmel des Karlsplatzes“ (Do, 11. 3. 2021) – siehe HIER

Aktion „Bei Kühlschranktemperaturen den Menschen ein Lächeln ins Gesicht zaubern“ (Do, 18. 3. 2021) – siehe HIER

Die Mauer der Hoffnung“ wurde durch die Pfarre zur Frohen Botschaft initiiert.

Im Eingangsbereich der Karlskirche steht seit Beginn der Fastenzeit ein „seltsames Gebilde“ aus Rohren, das für die einen von der Ferne wie zwischengelagertes Baumaterial aussehen mag, andere sehen darin ein Kunstwerk, eine Ansicht, die sich mehr und mehr durchsetzt.

Man muss nähertreten, um daraus wirklich schlau zu werden. Auf Deutsch und in Englisch ist beschrieben, worum es geht: Es ist eine „Mauer der Hoffnung“. Zumindest bis Ostern ist dort jederzeit Gelegenheit sich schriftlich mit Klagen uns Sorgen, Streit und Schuld, Gebeten und Bitten, aber auch mit Dank und Lob hoffnungsvoll an Gott zu wenden, dazu sind alle Gläubigen eingeladen.

Möglich machte die „Mauer der Hoffnung“ eine Kooperation der Pfarre zur Frohen Botschaft mit dem Rektorat St. Karl und dem Verein der Gönner und Freunde der Karlskirche.

Es wird zusätzlich an jedem Donnerstag, sowie am Karfreitag und zu Ostern verschiedene Aktionen der Pfarre geben, z.B. sind am 25. März Gesprächsangebote geplant, die auf Kirchenbänken draußen am Karlsplatz stattfinden. Kommen Sie doch vorbei und machen Sie sich selbst ein Bild! (Christian Kneisz)

Fotos: Erzdiözese Wien / Stephan Schönlaub